Ich glaube, eines der größten Probleme zwischen uns war, dass ich immer erreichbar war.
Klingt banal, fast lächerlich – aber ich meine es ernst. Ich war immer da. Immer verfügbar. Immer bereit, alles stehen und liegen zu lassen, sobald ihr Name auf dem Display erschien. Und vielleicht war genau das der Fehler.
Ich hab nie gezögert, wenn sie anrief. Egal, wo ich war, egal mit wem. Selbst wenn ich zwischen zwei Chefs stand oder im Büro des Geschäftsführers – ich hab abgehoben. Reflexartig. Weil sie in diesem Moment wichtiger war als alles andere. Ich glaube, in all der Zeit habe ich vielleicht ein oder zwei Anrufe verpasst. Von über vierhundert. Das wären, wenn man es mathematisch ausdrücken will, etwa 99,5 %. Und ja, ich hab’s tatsächlich mal nachgerechnet.
Manchmal hab ich am Diensttelefon so getan, als wäre ich beschäftigt, nur um bei ihr sofort rangehen zu können. Gespräche mit Kollegen hab ich abgebrochen, mitten im Satz beendet, einfach aufgelegt und so getan als wäre die Verbindung abgerissen, weil sie anrief. Und wenn ich wirklich nicht konnte, schrieb ich ihr wenigstens eine Nachricht, damit sie wusste, dass ich da bin. Immer da.
Ich hab ihr auch immer gesagt, wo ich bin, was ich mache, mit wem ich bin, was als Nächstes passiert. Ich hab das in jeder Beziehung so gemacht. Nicht, weil ich musste, sondern weil ich wollte, dass sie Bescheid weiß, dass sie sich keine Sorgen machen muss, hab mich stündlich gemeldet, weil es meiner meinung nach schön war, dass wer weiß wies mir geht und keine sorgen machen, dass sie weiß, ich tue nichts Dummes, dass sie einfach sicher sein kann, dass ich da bin. Für immer.
Und trotzdem… trotzdem hab ich mich oft gefragt, warum sie mir nicht dasselbe zurückgeben. Es dauert doch nur Sekunden, Bescheid zu geben, dass der Tag stressig ist. Wenige Sekunden für eine Nachricht wie: „Es ist heute stressig, ich melde mich dann bei dir. Liebe dich.“ -oder dergleichen. Aber das habe ich nie bekommen von keinem Menschen. Dafür bin ich rangegangen, gefragt, nachgehakt, wie wichtig es ist, um nicht den ganzen Tag im Unklaren zu sein, ohne zu wissen, was los ist. Und das war nicht nur bei uns so. Das war in allen Beziehungen so. Ein Michi-Problem. Kein Beziehungsproblem.
Ich hab mich erwischt, wie ich dachte: „Wieso schreibt sie mir nicht, wenn sie aus hat? Wieso erst, wenn sie schon zuhause ist? Am weg kann alles mögliche passieren und ich wüsste nichts. Woher soll ich wissen, dass sie einkaufen ist, was, wenn ich was gebraucht hätte und einfach nicht weiß, dass sie dort ist?“ Es waren so viele Gedanken, die sich in meinem Kopf aufgestaut haben.
Ich hab gemerkt, dass ich innerlich aufgelöst war, wenn es andersherum nicht so war. Wenn sie nicht rangeht, keine Nachricht kam, weil sie telefoniert hat und meinen Anruf nicht sah, kein kurzes „bin grad im Gespräch“ – einfach nichts. Ich hab jedes Mal diesen Kloß im Hals gespürt und mich gefragt: Bin ich wirklich so unwichtig? Oder hab ich nur zu viel erwartet?
Und ich glaube, es war bzw ist einfach mein Laster. Dieses Bedürfnis, alles richtig zu machen, immer präsent zu sein, sofort erreichbar. Ich dachte, so zeigt man Liebe. Doch vielleicht zeigt man damit nur, dass man sich selbst zu weit hinten anstellt, vielleicht wirkt das wie abhängigkeit.
Ich glaube, ich muss lernen, einfach da zu sein, wenn ich da bin. Nicht ständig erklärend, nicht ständig rechtfertigend. Einfach da. Man sieht’s ja dann sowieso, dass ich in der Türe stehe.
Auch jetzt, sitze ich in der Arbeit und entsperre ständig mein Handy und gucke auf die Chat Seite in Whatsapp, wo alle Namen stehen, um zu sehen ob ich eine Nachricht verpasst habe oder nicht, für mich wäre es innerlich nicht gut, wenn ich eine Nachricht verpassen würde. Deswegen ist sie auch immer noch oben angepinnt. Aber, es kommt nichts, warum auch immer ich darauf warte, wir sind kein paar mehr.
Aber das sind nur gedanken, mal sehen ..
ps: ich liebe dich noch immer
pps: ich vermisse dich


